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Dägersteinstrasse 5

Impulsfrage

WIE WÜRDE ES SICH ANFÜHLEN, ALLE MENSCHEN ALS ANFÄNGER*INNEN ZU BEZEICHNEN, DIE IN EIN BEZIEHUNGSNETZ AUS EINZIGARTIGEN MÖGLICHKEITEN HINEIN GEBOREN WERDEN?

Wirtschaft ist Care

Alle Menschen beginnen ihr Leben mit der Geburt. Nicht aus Zufall verweist der erste Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte auf das Geborenwerden als Ort der Zusage unveräusserlicher Rechte: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Vor allem als Babys und Kinder sind wir vollkommen von anderen Menschen abhängig: Ältere müssen uns zu essen geben, uns die Sprache beibringen, mit der wir uns verständigen können, uns zeigen, wie wir uns zu anderen Menschen und zu unserer gemeinsamen Welt sinnvoll verhalten. Ohne die fürsorgende Arbeit an den Nachkommen gäbe es keine Menschen. Und ohne ­Menschen braucht es keine Wirtschaft.

In der patriarchalen Ökonomie kommt das Gebären und das Aufziehen von Kindern nur ganz am Rande vor. Man behandelt es als „Privatangelegenheit“ und übersieht, dass es Arbeit ist, Menschen auf die Welt zu bringen und ins Erwachsenenleben zu begleiten. Gebären erscheint als unproduktiv und als hinderlich fürs reibungslose Funktionieren der Hauptsache Erwerbsarbeit: Es ist sogar nötig, Eltern-„Urlaub“ zu nehmen.

Für Care-zentrierte Ökonomie ist es entscheidend, dass Menschen ihre Kinder an einem sicheren, nicht am Profit orientierten Ort zur Welt bringen können. Weil wir alle Geborene sind, braucht die Geburt und ihr gesamtes Umfeld die gebührende gesellschaftliche Aufmerksamkeit und Unterstützung.

Sursee

In diesem Haus an der Dägersteinstrasse 5 wohnte von 1927 bis in die 1970er Jahre die Hebamme Marie Steiger. Im Haus gab es zwei Stuben. Eine davon, der „Salon“, war für die Untersuchung der schwangeren Frauen reserviert. Wurde die Hebamme dann zur Geburt gerufen, führte sie ihr Mann auf dem Gepäckträger seines Velos samt Köfferchen zu der Gebärenden. Auf diese Art half Marie Steiger über 1 000 Kindern auf die Welt zu kommen.